Biologische Zusammenhänge

Systemisches Denken

Allgemein besteht ein System aus verschiedenen Komponenten mit jeweils unterschiedlichen Eigenschaften. Zwischen diesen Komponenten bestehen geregelte Beziehungen und Wechselwirkungen. Ohne diese Beziehungen würde man von einer Menge und nicht von einem System sprechen. Dieses Netz aus verschiedenartigen Einzelteilen und ihren Beziehungen erzeugt ein räumlich abgegrenztes Ganzes mit neuen Eigenschaften, welche die einzelnen Teile nicht haben und erfüllt einen Zweck.

Die organischen Komponenten eines Ökosystems sind die Pflanzen, die Tiere, die Pilze, die Mikroorganismen und in der Regel auch die Menschen. Alle sind über ein komplexes Netz von Vorgängen untereinander und mit ihrer unbelebten Umwelt verbunden und bilden eine lebenserhaltende Gemeinschaft. Die verschiedenen Ökosysteme (Wälder, Graslandschaften, Meere, Seen, auch Kulturlandschaften etc.) sind Teile eines globalen, umfassenden Supersystems. Der Zweck eines Ökosystems und des globalen Verbundes der verschiedenen Ökosysteme ist die Erhaltung des Lebens und die Vervielfältigung der Gene. Dazu wird, zumindest eine Zeitlang, ein stabiler Zustand aufrechterhalten. Das heißt, ein Ökosystem ist selbstregulativ. Es sind ständig homöostatische Mechanismen wirksam, also Kräfte und ausgleichende Gegenkräfte bzw. Rückkopplungsschleifen.

Ökosystemisches Denken ist also holistisch. Das heisst, die einzelnen Teile werden in Relation zum Ganzen betrachtet und man bemüht sich die Gesetze, die die Gesamtheit der Beziehungen im Ökosystem und im übergeordneten Supersystem regeln, zu verstehen. Wie wirken die Pflanzen, die Tiere, die Menschen, die Pilze, die Mikroorganismen und die anorganische Welt zusammen, um die natürliche Lebensgrundlage zu erhalten und zu regenerieren. Für die Erhaltung des Lebens ist ein unermessliches, diffuses globales Netz von biotischen und abiotischen Prozessen verantwortlich. Dabei sind aber Muster erkennbar.

Die Beziehungen zwischen den Komponenten können informationell, materiell oder energetisch sein und wirken als Wechselwirkung, Beeinflussung oder Verknüpfung. Der Grad der Beziehungen wird Vernetzung genannt. Die zwei biotischen Hauptkomponenten, also die autotrophe Komponente (sich selbst ernährend, Pflanzen) und die heterotrophe Komponente (sich von anderen ernährend, z.B. Tiere) sind also über ein Netz von Energieflüssen und Stoffumwandlungen verbunden (Nahrungsnetz).

Ein Ökosystem ist immer ein offenes System, das heißt es gibt einen Austausch (Input/Output) mit der Umgebung.

Energieflüsse, Photosynthese

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Stoffkreisläufe

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Die Rolle des Kotes, insbesondere des Insektenkotes in Nährstoffkreisläufen

Stoffwechselvorgänge sind grundlegend für das Leben auf der Erde. Ohne den Kreislauf aus Aufnahme-, Umwandlungs- und Ausscheidungsprozessen wäre Leben, wie wir es kennen, unmöglich. Der Kot der Tiere ist neben abgestorbenen Pflanzen und toten Tieren die Basis für neues Leben. Kotkreisläufe an Land und in Gewässern sowie zwischen Wasser und Land, wie z.B. die „Walpumpe“ (https://www.spektrum.de/news/kotmangel-belastet-oekosysteme/1381934),tragen wesentlich zur gleichmäßigen Nährstoffverteilung auf der Erde bei. Artenarmut bedeutet quantitative und qualitative Kotarmut und stellt eine Gefahr für den Fortbestand – auch des menschlichen – Lebens dar.

Insekten tragen durch ihre Nahrungsaufnahme und durch das Absetzen ihres Kotes einen großen Teil zum Nährstoffkreislauf bei. Sie sind wie alle Tiere, einschließlich des Menschen, heterotroph. Das bedeutet, sie müssen sich von Lebewesen (Pflanzen, Pilzen, Tieren) im weitesten Sinn ernähren. Insekten nehmen also organisches Material auf, und benötigen im Wesentlichen die gleichen Nährstoffe wie alle Tiere: Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette sowie Vitamine, Mineralien und Spurenelemente, auch Wasser.

Nach der Aufnahme wird das Gefressene verdaut und den Stoffwechselprozessen im Körper der Insekten zugeführt – zur Gewinnung von eigener Energie und eigenen Körperbaustoffen. Unverdauliche Nahrungsreste und Stoffwechselprodukte, dazu Bakterien werden als Kot über den After ausgeschieden. Je nach Nahrung ist der Kot farblos, weiß, grau, grün, rötlich, braun oder schwarz. Das Formenspektrum reicht von flüssig über pulverförmig bis hin zu kunstvollen Pellets blätterfressender Raupen.

Der Insektenkot bietet, je nach der Nahrung, reichhaltige Inhaltsstoffe von denen sich zahlreiche Mikroorganismen (Bakterien und Pilze) ernähren. Dabei wandeln sie ihn in wieder pflanzenverfügbare Nährstoffe (z.B. Stickstoff, Phosphor) im Boden um, so dass erneutes gesundes, widerstandsfähiges und vielfältiges Pflanzenwachstum möglich wird. Verarmt ein Gebiet an Insekten, fehlt deren vielfältiger Kot. Das kann zu Nährstoffmangel im Boden und damit zu Mangelzuständen bei Pflanzen beitragen. Dies wiederum mit negativen Folgen für die pflanzenfressende Insektenwelt und damit für das gesamte Gefüge des Nahrungsnetzes. Man merkt: Insekten sind nicht nur für die Bestäubung wichtig!

Notwendiges Aas

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Wiesen

Wiesen gehören zu den artenreichsten heimischen Lebensräumen. Unzählige mehrjährige krautige Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen können hier in enger Gemeinschaft leben. Wiesen sind einerseits Kulturgut, denn als der Mensch sesshaft wurde und Futter für seine Nutztiere benötigte, blieben sie durch Beweidung und Mähen erhalten. Aber entwickelt haben sie sich wahrscheinlich lange vor dem Auftreten des Menschen über Jahrmillionen unter dem Einfluss der ausgestorbenen pflanzenfressenden europäischen Großsäugetiere wie Elefanten oder Moschusochsen. Diese Tiere fraßen Sträucher und Bäume, die zur Bewaldung geführt hätten, so dass sich lichte, steppenähnliche, strukturreiche Landschaften mit dichten Gebüschen und weit auseinanderstehenden Bäumen entwickeln konnten – Platz für artenreiche Wiesen.

Eine Wiese ist kein starres Gebilde. Sie verändert sich mit den Tages- und Jahreszeiten. Die Entwicklungszyklen ihrer verschiedenen Bewohner sind dabei zeitlich fein aufeinander abgestimmt. Keine Art lebt isoliert, alle sind direkt oder indirekt voneinander abhängig, so dass Ausfälle zu massiven Artenverlusten durch Kettenreaktionen führen können.

Eine Wiese besteht aus mehreren Etagen. Unterirdisch sorgen kleine Säuger, Regenwürmer und Insekten für die Durchlüftung des Bodens. Pilze gehen enge Symbiosen mit Pflanzen ein. Insekten, Tausendfüßer, Regenwürmer, Pilze und Bakterien verwandeln abgestorbenes Leben in Humus. Dieser enthält die für Pflanzen essentiellen Nährstoffe. So bleibt der Zyklus im Gang. Auf dem Grund der Wiese leben Laufkäfer, Amphibien, Reptilien und Kleinsäuger als nützliche Räuber. Ameisen bevölkern mehrere Ebenen, können Samen verbreiten und somit den Fortbestand der Pflanzen unterstützen. Die höheren Etagen einer Wiese werden bevölkert von einer Unzahl an Insekten- und Spinnentieren. Diese finden hier pflanzliche Nahrung oder leben als Räuber von anderen Tieren. Auch der tierische Kot ist Bestandteil des Nahrungsnetzes. Jede Art hat ihren charakteristischen Lebensraum und benötigt weitere Arten nicht nur zur Ernährung, sondern auch für die Fortpflanzung. Insekten legen ihre Eier auf oder in Pflanzenteile und sorgen mit pflanzlichen oder erbeuteten tierischen Vorräten für das erste Überleben ihres schlüpfenden Nachwuchses. Hierbei gibt es viele Spezialisten, die auf ganz bestimmte Partner angewiesen sind. Den Luftraum über der Wiese belebt eine Vielzahl von summenden, brummenden und gaukelnden Insekten. Von ihnen wiederum leben Vögel oder auch Fledermäuse. Rehe und Hasen finden Nahrung in der Wiese und ziehen im Schutze des höheren Bestandes ihren Nachwuchs auf, wie wiesenbrütende Vögel.

Es gibt je nach Standort verschiedene Arten von Wiesen mit jeweils charakteristischen Lebensgemeinschaften. Wie erhält oder bekommt man eine artenreiche Wiese? Wenn man sich eine Landschaft, die in grauer Vorzeit von Herden großer Pflanzenfresser strukturreich gestaltet wurde, vorstellt, fällt die Antwort leicht:

  • Wiesen innerhalb einer reich strukturierten Landschaft mit Gebüschen, dichten Hecken, Bäumen, Tümpeln und anderen Gewässern – Dung, Kadaver und Schlammsuhlen befördern die Vielzahl des Lebens. Ebenso wie Totholz oder menschliches Kulturerbe in Form von Lesesteinhaufen oder lebendigen Feld- und Wegrainen. Die Grenzen einer Wiese sind offen. Arten bewegen sich in die und aus der Wiese.
  • Beweidung – also Nutztiere nicht mehr nur im Stall halten, sondern auf reich strukturierte Weiden (s.o.) bringen.
  • Räumlich und zeitlich versetzte Mahd. Es müssen Pflanzen durch ihren gesamten Lebenszyklus stehen bleiben, auch im Winter. In ihnen wachsen Insekten heran. Die Samen dienen Vögeln und Kleinsäugern als Nahrung. Nicht zu tief mähen, 7 bis 10 cm Höhe stehen lassen.
  • Bei Artenarmut Drusch von gebietsheimischen Wiesen einbringen, alternativ gebietsheimisches Wiesensaatgut kaufen. Fleckenweise für offenen Boden sorgen und einsäen (viele Lichtkeimer!). Am besten im Herbst, evtl. im Winter oder im zeitigen Frühjahr. Einige Samen benötigen einen Kältereiz.
  • Nach der Mahd das Mähgut abräumen, um für Belichtung und Wärme auf dem Wiesenboden zu sorgen. Tiere damit füttern.
  • Keine Überdüngung
  • Geduld haben. Wiesenblumen brauchen von der Keimung bis zur Blühfähigkeit eventuell einige Jahre.
  • Keine Schlegelmulcher! Kein breites Mähwerk! Tiere werden getötet!

Die Nahrung und die Mundwerkzeuge der Insekten

Insekten sind wie alle Tiere, einschließlich des Menschen, heterotroph. Das bedeutet, sie müssen sich von Lebewesen (Pflanzen, Pilzen, Tieren) im weitesten Sinn ernähren.

Pflanzenfresser (phytophage Insekten) fressen unter- und überirdische, lebendige und abgestorbene Pflanzenteile:

Dieses Widderchen – ein Schmetterling – nimmt mit seinem Rüssel Nektar auf.

Der Käfer ernährt sich von Pollen.

Wespen ernähren sich sehr gerne auch von Fallobst. Mit den Mandibeln – Teile des Oberkiefers – „beißen“ sie die Nahrung ab und nehmen sie mit Hilfe der anderen Teile ihrer komplexen Mundwerkzeuge (Unterkiefer) auf. Diese Wespe frisst von einer Fallbirne. Genauer beobachten könnt ihr das in meinem Film „Wespe, die auf Fallobst (Birne) frisst“ hier auf dieser Seite.

Blätter

Pflanzensaft

Abgestorbene Pflanzenteile

Fleischfresser (zoophage Insekten) leben von tieriescher Kost. Räuber töten andere Insekten zum Verzehr. Parasiten leben von Körperbestandteilen (Federn, Haare) oder von Körpersäften (Blut, Schweiß) eines Wirtes, der nicht getötet wird. Parasitoide töten in der Endphase ihrer Entwicklung ihren Wirt. Unter den zoophagen Insekten finden wir die Nützlinge, welche die Pflanzenschädlinge in Schach halten.

Aasfresser (necrophage Insekten) ernähren sich von toten Tieren. Tote Tiere in der Landschaft sind hotspots für die Biodiversität (Nahrung für Mikroorganismen, Insekten, Wirbeltiere). Für die Nährstoffkreisläufe sind sie ebenso wichtig wie abgestorbene Pflanzen(teile) und Kot.

Dungfresser (koprophage Insekten) ernähren sich vom ausgeschiedenen Kot anderer Tiere. Achtung: Werden Weidetiere (oder auch Hunde, Katzen, Pferde) mit Wurmmitteln oder Insektiziden (diese gelangen durch Ablecken in den Verdauungstrakt) behandelt, schädigt deren Dung womöglich kotfressende Insekten.

Pilzfresser (mycetophage Insekten)

Nicht vergessen: Auch Insekten brauchen Wasser!

Entzündung

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Filme/Bilder

Film: Wespe, die auf Fallobst (Birne) frisst